Antworten auf häufige Kritikpunkte

Wie wird der ökologische Fussabdruck berechnet?

Der ökologische Fussabdruck (oder Footprint) beantwortet eine zentrale Frage. Er dokumentiert: wie viel Natur wir haben, und wie viel wir brauchen wir. Wir Menschen nutzen die Flächen der Natur. Alle Flächennutzungen, die miteinander im Wettbewerb stehen, können zusammengezählt werden. Diese Flächensumme ist der Fussabdruck. Nutzungen beinhalten: Essen, Fasern, Holz, Absorption des CO2 vom Verbrennen der Fossilenergie, Flächen für Strassen und Häuser. Diese Flächen können dann mit der existierenden produktiven Fläche verglichen werden (das nennen wir Biokapazität).

Flächen werden in globalen Hektaren gemessen, um sie weltweit vergleichbar zu machen. Das heisst, produziert eine Hektare nur x% des Weltdurchschnitts, wird sie als x% einer globalen Hektare mitgerechnet.

Damit werden alle Naturnutzungen (nicht aber alle Umweltprobleme) unter ein Dach gebracht, und miteinander verglichen. Und auch das kann dann die Nutzung mit der Regenerationsfähigkeit der Erde (oder der Schweizer Ökosysteme) verglichen werden. So erhalten wir eine Zahl wie zum Beispiel die: Wie viele Erden braucht die Menschheit? Antwort: 1.6.

Das Konzept ist nicht lückenlos. Ein weltweiter Fussabdruck der kleiner ist als die Erde kann aber als notwendige Grundbedingung gesehen werden, damit die Erde weiterhin in der Lage bleibt, so viele Ressourcen bereitzustellen, wie gleichzeitig verbraucht werden. Der Bundesrat verwendet in seinem Masterplan Cleantech ebenfalls den ökologischen Fussabdruck. Dasselbe gilt für Firmen wie Ikea, Nestle oder Syngenta. Sie alle setzen den „Fussabdruck von einem Planeten bis 2050“ auf ihre Agenda (WBCSD – Vision 2050).


Kritik: Das Konzept des ökologischen Fussabdrucks ist fehlerhaft: Wenn Wasser, Luft und Boden verschmutzt werden, ändert sich der Fussabdruck nicht. Der berechnete Flächenverbrauch bleibt gleich, obwohl die Umweltbelastung zunimmt.

Antwort: Der Fussabdruck misst, wie viel Natur wir brauchen und wie viel wir haben. Die globalen Fussabdruckberechnungen sind vereinfacht und limitiert durch die Datensätze der UNO. Sie sind Unterschätzungen. Aber auch detailliertere Fussabdruckberechnungen bilden nicht jedes Umweltproblem ab. Aber ein genug kleiner Fussabdruck ist eine Grundvoraussetzung, damit Nachhaltigkeit überhaupt möglich wird: Es dürfen nicht mehr Ressourcen verbraucht werden, als von der Natur regeneriert werden können. Luftverschmutzung wie die Ozonbelastung hat primär einen Einfluss auf die menschliche Gesundheit. Sie ist auch wichtig – aber hat einen kleineren Einfluss auf das was der Fussabdruck misst: wie viel wir brauchen im Verhältnis zur Regenerationsfähigkeit der Natur. Ähnliches könnte man (kurz- oder mittelfristig) von Plastikmüll im Meer sagen. Sobald aber beispielsweise verschmutztes Wasser nicht mehr nutzbar ist, Böden oder Ökosysteme zerstört, verliert die Umwelt einen Teil ihrer Reproduktionskapazität. Damit ist das Problem im Fussabdruck enthalten.

Kritik: Der Fussabdruck berücksichtigt auch nicht erneuerbare Ressourcen wie Kupfer, seltene Erden oder Phosphor nicht.

Antwort: Der Verbrauch solcher nicht erneuerbaren Ressourcen ist nicht per se ein Problem für die Umwelt, sondern eher für die darauf angewiesenen Produktionstechnologien. Auch sind die meisten nicht-erneuerbaren Ressourcen (wie Lithium oder Kupfer) nicht limitiert durch wieviel Erze es unter dem Boden gibt, sondern wie viel Energie und Aufwand es braucht, diese Erze zu fördern und zu konzentrieren. Ökologisch problematisch wird dieser Ressourcenverbrauch dann, wenn die Förderung/Produktion viel Energie verbraucht, die Nutzung im späteren Produktionsprozess Treibhausgase verursacht und/oder der resultierende Abfall Boden, Luft oder Wasser belastet. Alle diese Fälle bedeuten umgerechnet mehr Flächenverbrauch, vermindern dadurch die Biokapazität der Natur und resultieren in einem höheren Fussabdruck. In diesem Sinne ist dieser Aspekt sehr wohl im ökologischen Fussabdruck enthalten. Was die nicht erneuerbaren Ressourcen als solche angeht, fordert die Initiative neben der Senkung des Fussabdrucks bewusst auch die Stärkung der Kreislaufwirtschaft.

Kritik: Der Verlust der Artenvielfalt, eines der grössten Umweltprobleme, fehlt im Fussabdruck ebenfalls.

Antwort: Wenn eine Tier- oder Pflanzenart ausstirbt, verändert sich der ökologische Fussabdruck tatsächlich nicht. Allerdings: Die wichtigste Bedingung überhaupt, dass Tier- und Pflanzenarten überleben können, sind funktionierende Ökosysteme von hinreichender Grösse. Ein sinkender ökologischer Fussabdruck ist daher der wichtigste Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, da er den Flächenverbrauch reduziert. Daher braucht der WWF, eine der weltgrössten Umwelt- und Tierschutzorganisationen, den Fussabdruck.

Kritik: Die Idee des Fussabdrucks ist kontraproduktiv: Sie fördert die Atomenergie, da sie CO2 einspart, sowie die industrielle und Gentech-Landwirtschaft, weil sie weniger Fläche für den gleichen Ertrag beansprucht.

Antwort: Der Fussabdruck kann nicht alle Fragen und Probleme gleichzeitig beantworten. Für den Atomausstieg oder das Gentech-Moratorium braucht es separate politische Beschlüsse. Deshalb lancieren die Grünen nicht nur die Initiative für eine Grüne Wirtschaft, sondern machen auch in den anderen Bereichen Druck. Darüber hinaus senken die erwähnten Beispiele nicht zwingend den ökologischen Fussabdruck. Die Atomenergie ist von der Uranförderung über die Stromproduktion bis zur ungelösten Endlagerproblematik problematisch und teuer. Die damit verbundenen Risiken können dazu führen, dass Böden und Landschaften unbewohnbar und auch nicht mehr nutzbar sind (Tschernobyl und Fukushima). Das vermindert die Biokapazität des Planeten. Die industrielle Landwirtschaft ihrerseits ist sehr energieintensiv, da sie mit einem hohen Dünger- und Pestizideinsatz und langen Transportwegen verbunden ist. Darüber hinaus gefährdet sie die langfristige Nutzbarkeit der landwirtschaftlichen Böden. All dies hat einen schlechten Einfluss auf den Fussabdruck. Der Biolandbau weist im Übrigen auch beachtliche Erträge pro Flächeneinheit auf. Alles eingerechnet ist der Fussabdruck eines Produkts aus dem Biolandbau oft kleiner als der eines konventionellen Produkts.

Kritik: mit Abstand wichtigste Einflussgrösse des ökologischen Fussabdrucks ist der CO2-Ausstoss. Wäre es nicht sinnvoller, sich direkt auf das CO2 zu konzentrieren und weitere komplizierte Berechnungen beiseite zu lassen?

Antwort: Wenn die CO2-Emissionen gesenkt werden, indem beispielsweise vermehrt Agrotreibstoffe produziert werden, dann leiden dafür zahlreiche Ökosysteme wie die Regenwälder umso mehr (ganz abgesehen von den verheerenden sozialen Folgen wie Unterernährung und Monopolisierung des Landbesitzes). Der Fussabdruck lässt dies nicht zu, weil er eben den totalen Flächenverbrauch berücksichtigt. Er nimmt eine ganzheitlichere Perspektive ein als der ausschliessliche Fokus auf das CO2.

Kritik: Warum enthält die Initiative nur den ökologischen Fussabdruck, nicht aber andere Umweltziele?

Antwort: Eine eidgenössische Volksinitiative – neben dem Referendum das einzige direktdemokratische Mittel auf dieser politischen Ebene – verändert immer die Verfassung. Es ist daher sinnvoller, wichtige Grundsätze statt detaillierte Ausführungen darin aufzunehmen. Abgesehen von den spezifischen Berechnungsmodalitäten sagt der ökologische Fussabdruck, „dass nicht mehr Natur verbraucht werden soll, als nachwächst“. Das ist ein robustes und verfassungswürdiges Prinzip. Das sagt eigentlich schon Artikel 73, nur macht das die Initiative zur Grünen Wirtschaft noch spezifischer und setzt einen Zeitrahmen. Art. 73 «Nachhaltigkeit» sagt: Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.